Texte von der Schreib·werkstatt in Hartheim

Hier kann man Texte aus unserer Schreib·werkstatt am Lern- und Gedenk·ort Hartheim lesen.

Die Schreib·werkstatt fand vergangenen April statt.

Die Texte machen die Stimmen der Teilnehmenden hörbar und setzen ein Zeichen für Erinnerung und literarische Vielfalt.

Schloss Hartheim ist ein Gedenk·ort.

Dort wurden in der Zeit des National·sozialismus viele Menschen mit Behinderung ermordet.

Die Texte aus Hartheim sind sehr eindrucksvoll.

Sie erinnern an die Verfolgung.

Sie machen traurig, stellen Fragen – und geben auch Hoffnung.

Schreib·werkstätten verbinden kreatives Schreiben mit inklusiver Erinnerungs·kultur.

Eine inklusive Erinnerungs·kultur sorgt dafür, dass möglichst viele Menschen mit ihren Geschichten sichtbar werden.

Die Gesellschaft entscheidet dann gemeinsam, wie an die Vergangenheit erinnert wird.

In unseren Schreib·werksttätten vertiefen die Teilnehmenden ihre literarischen Fähigkeiten, während sie sich mit der NS‑Verfolgung von Menschen mit Behinderungen auseinander·setzen.

Am 15.04.2025 haben wir uns mit der Gedenk·stätte Hartheim beschäftigt und dann darüber Texte geschrieben.

In der Gedenk·stätte kann man viel über die schreckliche Geschichte des Ortes lernen.

Das kann viele Emotionen auslösen.

In einem Sensibilisierungs-Workshop, der vom Verein GEDENKDIENST am Vortag durchgeführt wurde, wurden die Teilnehmer:innen auf den Besuch vorbereitet.

Ein sehr ernstes, trauriges, aber wichtiges Thema wurde hier behandelt.

Nach den Führungen durch das Haus und die Ausstellungen haben wir uns getrennt in eine Gesprächs·gruppe und eine Schreib·werkstatt.

Es war bedrückend, spannend aber auch sehr positiv.

Weil mit unseren Texten arbeiten wir auf und mahnen.

Text zu dem, was wir heute an diesem Tag erfahren haben

Als ich hörte, dass Abertausende von Menschen hier ermordet worden sind, bekam ich es richtig mit der Angst zu tun und in mir stieg eine unbändige, gleisende, dunkle Wut auf.
Ich empfinde einen derartigen Hass gegenüber diesen Menschen, die an diesen Massenmorden beteiligt waren, dass mir davon ganz schlecht wird.
Mir stiegen Tränen in die Augen.
Tränen des Hasses.
Tränen der Furcht und Tränen um derer, die hier so unmenschlich behandelt und dann hier ermordet worden sind.

 

 

Ich fühle mich …

Ich fühle mich ruhelos.

Ich fühle mich rastlos.
Ich fühle mich zerrüttet.
Ich fühle mich ausgeliefert.
Ich fühle mich den Tränen nahe und auch ein bisschen, ein kleines bisschen stark.
Ich fühle mich wie betäubt.
Ich fühle mich schutzlos wie ein Neugeborenes.

 

 

Gleißende Wut

Geißende Wut ist farblos, geruchlos, geräuschlos und doch extrem stark.
Gleißende Wut ist brutal, zerstörerisch und kann auch schrecklich wehtun.
Gleißenende Wut kann einen bärenstark machen.
Gleißende Wut kann Bände der Freundschaft zerschneiden.

 

 

Erinnerungen

Erinnerungen sind wichtig und doch kann ich mich kaum erinnern. Erinnerungen bedeuten, man freut sich oder ist betäubt vor Schmerz, Wut oder Trauer.
Wir müssen uns an die NS-Verbrechen erinnern, damit sich die Geschichte nicht wiederholt.
Doch hilft das?

Gedanken zu Schloss Hartheim

Die ersten Gedanken von Schloss Hartheim sind, bekümmert zu sein und niedergeschlagen.

Wie kann ein Ort für die Allgemeinheit geöffnet werden?

Am Ende aber für diese Gräueltaten des NS-Regimes gefürchtet.

Es ist beschämend, als Mensch mit gebrochenem Herzen.

Es ist immer neu, wenn man in eines der vielen Konzentrationslager reingeht.

Diese Gänsehaut und die Haare, die zu Berge stehen.

Man muss sowas bearbeiten, weil es einen mitnimmt, jemanden wirklich betrübt.

Man sollte, wie der Mahatma Gandhi mal gesagt hat, wenn wir wahren Frieden in der Welt erreichen wollen, mit der Bildung der Kinder beginnen.

 

Bildung

Die Bildung von Kindern ist entscheidend für die Zukunft einer Gesellschaft. Sie legt den Grundstein für persönliche Entwicklung, soziale Verantwortung und wirtschaftlichen Fortschritt.

Kinder, die Zugang zu guter Bildung haben, erhalten die Chance, ihr Potenzial zu entfalten.

Gleichzeitig lernen sie, respektvoll und verantwortungsbewusst miteinander umzugehen.

Deswegen ist dieses Potenzial wichtig, um an ihrer Persönlichkeit zu arbeiten und in ihre Bildung zu investieren und sie langfristig zu fördern.

Wie fühle ich mich jetzt?

Es ist nicht in Worte zu fassen, der Hass, den ich gerade fühle, tut mich überwältigen, und dennoch habe ich die Hoffnung, dass alles in der Zukunft im Guten enden wird.

Eines Tages, da bin ich mir auch sicher, wird die Menschheit vereint sein.

 

Erinnerung

Man sollte sich an die Gräueltaten der NS-Zeit erinnern, um die Opfer zu ehren und ihr Leid nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Die Erinnerung hilft, die Mechanismen von Hass, Ausgrenzung und Gewalt zu entdecken, damit sich solche Verbrechen nicht wiederholen. Sie stärkt das Bewusstsein für Demokratie, Menschenrechte und die Bedeutung von Toleranz.

Durch das Lernen aus der Vergangenheit können junge Generationen verantwortungsvoll mit Geschichte umgehen.

Das Gedenken ist eine Mahnung, wachsam zu bleiben – gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form von Extremismus.

Gedanken zu Schloss Hartheim

Berührtheit, Innehalten, Nachdenken, Unternehmung gegen das Vertuschen, Hineinfühlen in die Angst von anderen Personen, Mitleid, Anteilnehmen an einer schweren Zeit, Bedürfnis nach Inklusion für alle, Begriff der Unbrauchbarkeit abgeschafft.

Krankheit: selbstverschuldet oder Schicksal (gesunde Ernährung, Bewegung)

Leben und Tod, wie weit geht die Bedeutung?

Zwangsjacke: nötig oder überflüssig?

 

Hineinfühlen

Hineinfühlen in die Angst der Menschen treibt sie eventuell dazu, zu tun, wovon sie nicht überzeugt sind.

So auch alle, die so böse waren, die in Hartheim mitgemacht haben. Sicher gab es Angst vor Konsequenzen, und bevor man in die Gaskammer gebracht wird, dann macht man bei vielen Dingen mit.

 

Wie geht es mir jetzt?

Wie geht es mir jetzt heute? Heute sind viele Eindrücke auf uns zugekommen.

Auf alle Fälle und alle miteinander berührt.

Durch so viel Ungerechtigkeit, die in Hartheim passiert ist: Fremdbestimmtheit, Misshandlung, Machtgefüge gemacht von Menschen, die vielleicht gar nicht böse sein wollen.

Mut von einzelnen Menschen.

Auflehnung gegen das Verbrechen, aber mit Nachsicht.

 

Erinnerung

Erinnern = Abspeichern (wie beim Computer eine Word-Datei abgespeichert wird)

Erinnerung hilft, den Menschen zu einem besseren zu erziehen.

Wissen kann man vermitteln, z. B. in Hartheim erkennen, dass Macht gefährlich ist.

Macht und Angst.

Man nimmt jemandem anderen die Selbstbestimmtheit weg, vielleicht denkt man an Geld.

Menschen verlieren ihre Rechte.

Haben Menschen wegen des Geldes mitgemacht?

Vielleicht schon.

Oder weil sie zu vorsichtig waren? Schon möglich.

Die, die nicht überzeugt waren, haben sehr oft versucht, mutig zu sein.

Ich mache nicht mit.

Möglich war es auch, dass es einige gesagt haben.

Gefährlich war es aber im Wirtshaus, das herauszuposaunen und über den Staat zu schimpfen.

Gedanken zu Schloss Hartheim

Die Blüten in Hartheim wissen nichts über die Unterkunft, die der Tod im alten Schloss gefunden hat.

Die Bäume erblühen und der Löwenzahn sprießt Jahr für Jahr, so ironisch und gleichgültig und schön, wie es nur die Natur vollbringen kann.

Sie alle haben ihre Wurzeln in ungerechter Asche.

Aber sie sind zu jung, um diese Tatsache zu bejammern.

Die Bäume, die die düstere Geschichte bezeugt haben, wiegen ihre Äste beinahe stumm im Wind.

Auch sie recken ihre Häupter Jahr für Jahr weiter der Sonne hin, aber sie tun es gemächlich und innehaltend.

Denn sie verstehen, was ihre Wurzeln nährt.

 

Ein Wort – UNGERECHT

Ein Konzept, das sich die Menschheit selbst geschenkt hat.

Recht, Unrecht und Wert.

Das Überleben des Besseren.

Richter und Vollstrecker.

Hass, Angst und Gnade.

Leben, von Gott gegeben.

Macht, vom Menschen erfunden.

Und dann die Bestrafung der eigenen Menschlichkeit.

 

Was ich gerade fühle

Ich greife mit beiden Händen in mich und schöpfe Leere.

Zwei Hände schweres Nichts.

Zu groß ist der Ekel, zu verschwommen das Gesicht der Fassungslosigkeit.

Ich gleite mir selbst durch die Finger und der Tropfen, der ins Dunkel meiner Gefühle fällt, ist stumm.

Stumm, wie die Worte, die ich nicht finde.

Stumm, wie das, was ich nur Trauer zu nennen weiß.

 

Erinnern

Die Großmutter spielte als Mädchen in den Trümmern eines Krieges, an den sich die Erwachsenen nicht erinnern wollten.

Zu frisch war das Grauen, zu frisch das Leben der neuen Generation. Später hat die Großmutter gelernt, worüber niemand sprechen wollte. Sie hat gelernt, warum niemand darüber sprechen wollte.

Darum hat die Großmutter gelernt, mit ihren Kindern darüber zu sprechen.

Die Erinnerungen an eine Zeit vor ihr zu teilen.

Damit die Erinnerungen nicht noch einmal zur Realität werden.

Die Geschichte von Schloss Hartheim

Schloss Hartheim wurde geführt von den Barmherzigen Schwestern vom 19. Jahrhundert bis 1938 und wurde beim Einmarsch der Nationalsozialisten zur Tötungsstation umgewandelt.

Ausgesucht wurden die Opfer nach einer strengen Liste.

Je nach Geschlecht und Grad der Behinderung.

Die Asche wurde zu allen Angehörigen nach Hause geschickt.

2 Leute wurden hingerichtet, weil sie sich aufgelehnt haben, gegen das Regime.

Zahngold wurde entnommen und verkauft, bis 1944 die Tötung im Rahmen der T4-Kategorie weiterging.

Zwischendurch wurde sie eingestellt, bis sie beendet wurde.

Schloss Hartheim ist heute ein Museum und Mahnbeispiel für eine grausame Schreckensdiktatur.

Und sollte niemals in Vergessenheit geraten als Ort des Geschehens, als Erinnerungs-Mahnort der Grausamkeit.

Nach dem Krieg wurde es zur Gedenkstätte erklärt, um zu zeigen, was gezielte Tötung und Massenvernichtung alles anrichten, wenn sie verschwiegen und ausgeblendet werden.

Deshalb ist eines wichtig: niemals über das Geschehene schweigen, sondern reden.

Meine Gefühle sind erschüttert und fassungslos entsetzt. Es bleibt zu hoffen, dass so etwas nie mehr passiert und geschieht und sich nie wiederholt.

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Asche und Tod

Angst vor dem Tod

Asche meiner selbst

Braucht man den Tod?

Braucht man Asche?

Tod begleitet uns ständig und wartet, bis er zuschlagen kann.

Wenn man stirbt, wird man beerdigt oder verbrannt.

Nur noch Asche bleibt übrig. Nur der Phönix erhebt sich stolz aus der Asche und kommt immer wieder zurück. Asche ist, was nach einem Feuer überbleibt. Asche wird vielseitig genutzt. Asche verbinde ich mit Feuer. Feuer mit Zerstörung und Zerstörung mit Tod. Feuer und Tod haben beide auch eine schöne Seite. Feuer spendet Licht, Wärme und als Kerzenflamme Trost.

Der Tod ist eine Erlösung von den Strapazen des Lebens und ewige Ruhe. Mir gefällt auch die bildliche Darstellung vom Tod und Todesengel. Tod und Feuer sind für mich ein schöner Bestandteil von Kunst. Asche kann man auch für Kunstwerke verwenden. Asche kann sich im Wind verteilen. Viele verstreuen die Asche ihrer Toten im Wind. Damit fühlt es sich an, als wäre man für immer frei.

Asche im Wind

verteilt sich geschwind.

 

Mauer

Die Mauer zerfällt zu Staub.

Blut rinnt hinab.

Zorn legt sich wie ein Schatten über die kläglichen Überreste der Mauer und lässt den eingesperrten Schmerz für einen Moment frei.

Kälte zieht sich durch meinen Körper.

Ein eisiger Hauch.

Eine Träne tropft zu Boden.

Für einen Moment war ich an dem Ort des Schreckens und konnte nur einen winzigen Bruchteil spüren.

Die Ungerechtigkeit, dieses unvollkommene, falsche Wertesystem der Gesellschaft.

Die lang erkämpften Rechte.

Freiheit ist nicht selbstverständlich.

Jeder will leben, aber man lässt es nicht zu.

Ich habe nicht weggesehen, aber eine Mauer errichtet, um nicht an dem Schmerz zu zerbrechen und um den Selbsthass auszusperren.

Ich will nicht so einer grausamen Spezies angehören.

Langsam baut sich die Mauer wieder auf.

Bestehend aus Freude, Hoffnung und Mut.

Ich kann nicht ändern, was woanders geschieht.

Ich kann nur hoffen, es besser zu machen und meine Botschaft weiter zu verbreiten.

Mit der freundlichen Unterstützung von: BMASGPK und BMWKMS