Zettl Gitti

Ich heiße Gitti Z. und bin 47 Jahre alt. Habe ein Jahr Maler und Anstreicher gelernt und war dann jahrelang Straßenkehrerin. Ich habe auch als Verkäuferin beim Zielpunkt gearbeitet. Ich habe zwei wunderbare Hunde.



Suchbegriffe:

  • Wien
  • Leben mit Behinderung
  • Liebe

Texte:

Eine Maschine gehört geölt, ein Mensch gehört in den Arm genommen (Ehrenliste 2023)

Wie mein Name ist, ist egal. Aber ich bin ein „Mensch mit einer Behinderung“, wie die Leute sagen. Aber ich bin ein Mensch, der sehr viel vergessen tut. Wenn ich in der Früh aufstehe, muss ich über alles nachdenken. Weil ich möchte keine Fehler machen. Aber ich muss erst lernen, das Fehlermachen ist menschlich. 

Ich wohne bei einem Freund, zu dem ich „Papa“ sage. Ich habe ihn gern, aber er versucht, mich in die Enge zu treiben. Aber ich hoffe, er schafft es nicht.

Ich bin schon einmal gesessen, aber ich möchte nie wieder sitzen. Ich war zwar selber schuld, aber wenn ich so nachdenke, hätte ich es gar nicht notwendig gehabt. 

Von mir kann man sehr viel haben, aber man muss viel Geduld haben. Aber jedes Mal, wenn ich aufstehe, merke ich, dass es leider Menschen gibt, die mich nicht verstehen. 

Meine Pflegemama hat immer gesagt: „Mach dir nicht so viele Gedanken“. Wie ich meiner Pflegemama gesagt habe, dass ich lesbisch bin, hat sie mich auch so liebgehabt. Aber sie wollte immer Tiere um sich haben – und das hatte sie auch. 

Das, was meine leibliche Mama gemacht hat, ist nicht okay. Aber meine Pflegemama war für mich die Beste. Sie hatte zwar Schwierigkeiten, dass ich auf dasselbe Geschlecht stehe, aber sie hat mich immer geliebt.

Ich habe immer Tiere sehr gerne. Wenn ich in der Früh aufstehe und meine Babys (= Hunde) anschaue, denke ich: „Nicht ohne meine Hunde!“

Mein Mitbewohner sagt immer „viel Spaß“, aber wenn ich zurückschaue, spüre ich etwas anderes. Ich kann nur hoffen, dass es bald vorbei ist. 

Wie meine Mama immer gesagt hat: „Wir fahren zur Tante Christie“ – war ich immer sehr glücklich. Weil da habe ich mich verstanden gefühlt. Aber leider nur bei den Tieren. Meine kleine Schwester Sabine hat immer gesagt: „Du stinkst!“, aber ich habe das immer für normal empfunden. 

Wenn ich mit meinen Hunden spazieren gehe, sehe ich Kinder, die lachen und das macht mich glücklich. Das ist für mich ein Zeichen, dass sie nicht angefasst worden sind. Herrgott weiß, wie ich es meine. Tiere mag ich deswegen, weil sie dir in Ruhe zeigen, wenn du einen Fehler machst. Aber Menschen sind anders. Oder habe ich nur die falschen kennengelernt? 

Ich möchte so gerne helfen, aber ich weiß oft nicht wie. Weil die glauben, dass du dann immer was willst. Aber sie müssen doch wissen, dass man nicht alle in einen Topf werfen kann, oder? Es gibt so viel Schönes auf der Welt, aber sie rennen einfach vorbei. Wenn du einen Menschen ansprichst auf der Straße, haben die oft einen Gesichtsausdruck, als würde die Welt untergehen. Sie denken nicht, sie handeln gleich. Aber meistens falsch. Es ist schön, dass sie eine Meinung haben, aber sie gehen meistens auf die Schwachen los – und das ist nicht okay. Wenn ich die Menschen beobachte, spüre ich sehr viel. Und wenn du sie dann darauf ansprichst, sagen sie meistens: „Das bildest du dir nur ein“. Aber sie lügen. Aber wenn es solche Menschen nicht gäbe, dann gäbe es uns nicht.

Ich finde, dass wir alle Menschen nehmen müssen, wie sie sind. Das Leben ist nicht leicht, aber man kann es leichter machen. Wenn ich in den Club fahre, bin ich sehr froh. Weil da sieht man, dass es gute Menschen auch gibt. Man muss nur zuhören und lernen. Ich finde, man sollte jeden Menschen nehmen, wie er ist. Es ist nicht leicht, aber man kann es versuchen. Ich bin selbst ein Mensch mit einer Behinderung. Der Alkohol war eine sehr lange Zeit mein Begleiter – und deshalb meine Behinderung. Aber wenn man in jedes Herz schaut, gibt es keine Behinderung. Weil Menschen sind Menschen, die machen Fehler. Wenn der Mensch keine Fehler macht, dann ist man eine Maschine. Eine Maschine gehört geölt, ein Mensch gehört in den Arm genommen. Die Menschen denken zu viel, aber mit den Herzen sagen sie sehr wenig. Und das fühle ich.